Letzter Schliff

Feine Kontrapunkte mit Axel Schlosser und Band


Der Mann kennt die Geschichte. Und der lebt in der Gegenwart. Axel Schlosser, Jahrgang 1976, hat schon auf seinen eigenen früheren Alben und in der Formation L14,16 durch vielschichtige Kompositionen und sein immens variationsreiches Trompetenspiel überzeugt. Mit dem Tenorsaxofonisten Julian Argüelles hat er einen Partner neben sich, mit dem er die Soli so intensiv ineinander verzahnen kann, dass stellenweise aus den kurzen Melodieimprovisationen der beiden eine dritte, gemeinsame lange Linie entsteht. Der Bassist Martin Sjöstedt und der Schlagzeuger Jean Paul Höchstädter bringen sich – obwohl sie über weite Passagen eher begleiten – dennoch eng und initiativreich in diese permanente Interaktion ein. Dass Schlosser bei dieser Produktion auf einen Pianisten verzichtet, öffnet seiner Musik weitere Freiräume.

So reicht die Spanne von Reminiszenzen an den Hard Bop der Fünfziger, wobei sie  gelegentlich auch durch flexibel pulsierende Rhythmen die Brücke zur Gegenwart schlagen.
In „Dewayne´s Brain“ etwa paaren sie eine an New Orleans erinnernde Shuffle mit einer an die Bands der M-Base-Bands aus den Achtzigern erinnernden Verfremdung und hitzig zupackenden Melodien, bei denen Schlosser und Argüelles rauher als in den übrigen Titeln intonieren. Im Gegensatz dazu kehrt Schlosser in „The Dark Hours“ seine lyrische Balladenseite mit einer immensen Bandbreite an Klangnuancen hervor. Die zehn Titel eint bei aller Verschiedenheit diese Begegnung von Tradition und Moderne. Indem Schlosser das Album „Secrecy“ nannte, deutet er an, der Inhalt unterliege der Geheimhaltung. Dies sollte sich ändern, denn „Secrecy“ ist ein Geheimtipp für alle, die großartigen akustischen Jazz mögen.

Werner Stiefele, RONDO, 5.2.2009